Persönliche Eindrücke

Australien steht meinem Herzen so nah, das ich nur die Bilder zu betrachten brauche, um Tränen in den Augen zu haben. Die rote Erde, das klare Licht, die Weite. Ich kann den Puls des Landes in mir fühlen. Er hat nie aufgehört, seit ich das letzte Mal dort war - am Uluru. Seit ich über die Endlosigkeit geflogen bin - ganz bewußt, ganz verbunden. 

 

Es tut weh, was hier geschieht. Ein fragiler Kontinent mit einem delikaten Ökosystem ist innerhalb von nur zwei Jahrhunderten auf der Kippe zum Abgrund. Die Böden sind voller Salz, das Wasser wird knapp. Die Siedler haben ohne Wissen, ohne Weisheit und ohne Achtung vor dem Zusammenhängen des Lebens gehaust, als gäbe es kein morgen. Die Zeche wird bald zu zahlen sein.

 

Die Aborigines spüren das in ihrem Körper. Weil sie mit dem Land eins sind. Weil sie die Lieder fühlen, die Melodien, die Träume sehen. Jeder könnte das, wenn da nicht die Arroganz wäre, die uns den Verstand über jedes Gefühl stellen lässt. Der blinde Blick, der nur das eigene Leben - getrennt von allem andern - betrachtet, als würde nicht jede Handlung Folgen nach sich ziehen. 

 

Australien steckt voller offener Fragen, voller schwelender Wunden und voller Ratlosigkeit. Uranminen bringen Geld und hinterlassen giftige Wüsten. Rinderherden produzieren Fliegenarmeen. Konventionelle Landwirtschaft lässt das Trinkwasser versiegen. Urwälder werden abgeholzt und zurück bleiben künstliche Baumfarmen, die so geradlinig wachsen, wie eine Roboterherde. Die Seele des Landes wird mit Füßen getreten.

 

Genauso wie die Geschichte. Sie beginnt nicht mit der Siedlungsnahme der Weißen. Sie beginnt vor 120.000 Jahren. So, das akutelle Datum. Bereits da kamen die ersten Siedler. Die ersten Aborigines. Unfassbar früh. Unerklärlich früh. Die Wissenschaft hat keine Ahnung, wie das gehen konnte. Aber sie waren da. Mit ihren Gesängen. Und sie lernten. Mit offenem Herzen. Sie lebten in Übereinstimmung mit dem Land. Über einhunderttausend Jahre. Was sind dagegen die zweihundert Jahre weißer Geschichte? Wer sollte hier von wem lernen?

 

Und was lernen die Aborigines von den Weißen? Was ist der Sinn dieses Zusammentreffens? Sie lernen Selbstbewußtsein inmitten der kompletten Ignoranz ihres Wesens. Stolz inmitten von Ablehnung. Achtung ihrer Geschichte inmitten von Verleugnung. Sie werden stark. Sie werden innerlich stark. Etwas, das vorher nie nötig war. Und das sich bei allen Urvölkern so ähnlich abspielt.

 

Was ich an Australien liebe ist die Wärme ihrer Menschen - abgesehen vom Rassismus. Sie sind unglaublich herzlich und sie verkörpern das Gegenteil des amerikanischen Konkurrenzkampfes. Hier geht es nur miteinander. Soviel haben sie schon gelernt.

 

Ich hoffe, das wird sich nicht wandeln bei dem Kuschelkurs, die jede australische Regierung mit den USA betreibt. Ich hoffe, sie bleiben sie selbst und verändern sich in Richtung Miteinander, Mitfühlen, Mitdenken und Verbundenheit. Mit sich, ihrer Geschichte, ihrem Land und allen, wirklich allen Bewohnern.



Hier findest du mein Wandertagebuch - eine innere und äußere Reise in das Herz Tasmaniens....


Fotos


Bücher

"Maybe Tomorrow" - Boori (Monthy) Pryor

Es ist ein Buch, nach dem ich lange gesucht habe. Eine persönliche Geschichte eines Aboriginie. Eine Geschichte von der Gegenwart. Von seinen ganz alltäglichen Erfahrungen. Seinem Leben und dem Aufeinanderprallen der Kulturen. Eine Geschichte von Schmerz, Ignoranz, Überlebenswillen und Demütigung. Eine Geschichte von inneren Reichtümern, dem Bewahren von Wissen und eine offene Hand für ein andere Miteinander. 

Es ist eine ehrliche und direkte, einfache und damit direkt in die Seele sinkende Sprache. Es sind Worte, die aus dem Herzen kommen. Und damit wahrhaftiger und berührender, als alles, was ich jemals zu diesem Thema gelesen habe.  

ISBN: 0-14-027397-2


Filme

"Long Walk Home"

Vorschaubild - Youtube

Von 1900 bis 1972!!! wurden die "Mischlingskinder" der Aborigines - der australischen Ureinwohner - von ihren Eltern getrennt und in "weißen" Erziehungsanstalten auf ein westliches Leben und eine christliche Kultur getrimmt. 35.000 Kinder wurden ihren Eltern entrissen und tausende Kilometer entfernt in Heimen untergebracht. Ihre Sprache war verboten, ihre Bräuche waren tabu. In der neuen Umgebung galt nur noch weißes Gedankengut und englische Sprache. Sonst nichts. Bis heute ist in Australien dieser Teil der Geschichte, die Geschichte der "Stolen Generation" wie ein weißer Fleck. Wirkliche Aufarbeitung, wirkliches Unrechtsbewußtsein sind rar gesät. Bis heute sind Aborigines Menschen zweiter oder gar dritter Klasse, fast unsichtbar. Nur langsam ändert sich das.

 

Umso bemerkenswerter und wichtiger ist dieser Film, in der Doris Pilkington - eine Aborigine - ihre eigene Geschichte aufarbeitet. Verfilmt von einem weißen Australier ist allein schon diese Konstellation ein Symbol für eine neue, eine andere Zeit.

 

"Long Walk Home" ist die Geschichte von drei Kindern und ihrer 1.500 Meilen langen Odyssee zurück nach Hause - zurück zu ihrem Stamm, ihrer Familie, zurück zu ihrer Mutter. Es ist ein Spiegel für das Selbstverständnis einer kompletten Epoche, das auf dem Gedanken der Überlegenheit von weißen Menschen über alle anderen Völker - insbesondere Indigene basiert. Auf der ganzen Welt sind ähnliche Dinge geschehen. Bis heute ist dieses Denken in den Köpfen. Bis heute sind die Wunden offen und bluten. Deutlicher als hier lässt sich kaum darstellen, wohin es führt, wenn eine Gruppe von Menschen glaubt, besser zu sein und seine Wahrheit als die einzig Gültige betrachtet.


Musik

Lewis Burns - Traditioneller Didgeridoo Rhythmus

Vorschaubild - Youtube

Diese Musik schwingt für mich mit dem Rhytmus der Erde. Sie enthält die Geräusche der Natur. Ich brauche nur die Augen zu schließen und mit verbunden mit der Seele des Landes und seinen ersten, ursprünglichen Bewohnern. 

Geoffrey Gurumul Yunupingu - "Wiyathul"

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Auswahl aus seinem Album "Grurumul"

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Die Musik ist für mich die Verbindung des Schönsten aus den Welten. Gesungen in Yolngu Matha, der Stammessprache des Künstlers, Klänge, die an mich an Hawaii erinnern und die Sanftheit der Gitarre. Ich habe Tränen in den Augen. Und frage mich, einmal mehr, woher die Aborigines wirklich kommen. 

Slim Dusty - "Waltzing Matilda"

Vorschaubild - Youtube

Dieses Lied ist die Hymmne der weißen Australier. Es erzählt die einfache Geschichte eines Buschwanderers, der seinen Kocher unter einem Baum anzündet und den Abend geniesst nach einem langen Tag. So einfach. So unglaublich einfach. Und so direkt mitten im Lebensgefühl dieser Menschen. 


Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0