Persönlicher Blick

Das Leben ist hart auf diesen Inseln. Sehr hart. Auch wenn man das als Tourist oder Reisender gar nicht so schnell oder intensiv mitbekommt. Man muss genau hinschauen. Umso mehr überrascht es dann, wie ungeschminkt, direkt und riesig diese unglaubliche Lebensfreude, das Lachen und die Fröhlichkeit reicht. Wie schaffen es diese Menschen nur, so zu sein, inmitten ihres Lebens? Eines Lebens, das nicht einmal im Ansatz mit meinem vergleichbar ist. Für meine Augen ist da Armut, harte Arbeit, Entbehrung, Durst, Staub, Hitze, stechende Sonne und noch mehr Staub. Für meine Augen kämpfen diese wunderbaren jeden einzelnen Tag ums Überleben. Und sie tun es mit einer Anmut, die meine absolute Hochachtung hat. Ich habe nirgendwo Frauen gesehen, die solche Lasten tragen und dabei so unglaublich aufrecht daherschreiten, wie eine Königin. Ich habe nirgendwo Männer gesehen, die so wunderbare Körper haben. Jeder Muskel ist am richtigen Ort. Geformt von einem Leben, in dem jeder dieser Muskeln ständig trainiert und gebraucht wird. Sei es, um die steilen Berge emporzusteigen oder um die nötige Arbeit auf den Terassen der Felder zu verrichten. Arbeit, die die Familie ernährt. Jedes Gesicht, dass ich sehe, ist eine Offenbarung. Fein und unglaublich schön. Was für Menschen. 

 

Die Kapverden haben eine sehr, sehr, sehr junge Bevölkerung. Über 50% der Menschen sind jünger als 40. Das sieht man. Und es ist gar nicht so einfach, sich dabei seinen eigenen Körper noch selbstbewußt anschauen zu können. Dabei haben sie mehrere Sprünge in der Enwicklung gemacht. Handy's sind hier absolute Normalität. Auch bei den Kindern im letzten Bergdörfchen. Sie wischen mit einer Selbstverständlichkeit über den Bildschirm, die mich staunen lässt und alle alten "Weiß gleich überlegen - Bilder", die da vielleicht noch irgendwo in meinem Inneren überlebt haben, endgültig zu Staub zerfallen lässt.

 

Was mir auch auffällt: Die Energie. Eine pulsierende, überflutende und kraftstrotzende Energie. Hier habe ich das Gefühl, dass die Zukunft dieser Welt entsteht. So, wie das neue Land aus der Glut der Vulkane, die allgegenwärtig sind. Nicht nur auf Fogo, auf dem mit dem Feuergipfel und seinen Ausläufern der aktive Vulkan der Inseln gerade seinen ca. 10-jährigen Mittagsschlaf hält. 

 

Die Geschichte der Kapverden ist eine Geschichte der Sklaverei. Keiner der Afrikaner kam freiwillig hierher. Sie wurden aus ihren Stämmen verschleppt, um portugiesischen Herren zu dienen. Dazu kommt eine extrem bunte Völkermischung. Zwangsarbeiter und Leute, die man in Portugal loswerden wollte, landeten genauso auf den Kapverden, wie Flüchtlinge aus aller Welt. Allen voran Juden. Dazu kommen die Abenteurer, die neue Welten suchten und sich niederließen. Ehemaligen Herren, die demütig geworden sind. Neue Reiche, die als Emigranten in die Welt hinaus zogen und wiederkamen. Für Letztere ist der Wohlstand, zu dem sie es gebracht haben, das Wichtigste. Ich kann es gut verstehen. Die Kapverden leben zum guten Teil vom Geld dieser Menschen. Fast jede Familie, wenn nicht sogar jede hat Verwandte im Ausland. Und so wird hier nicht nur Kriolu, das Kreol der Inseln, gesprochen, sondern auch portugiesisch, englisch, italienisch oder französisch. Und alle leben friedlich zusammen, auch das ist eines der Markenzeichen dieser Inseln. 

 

Sie finden ihren Weg. An einem Ort, der vom Klimawandel spürbar betroffen ist. Einem Ort, an dem Dürreperioden und verzweifelte Auswanderungswellen Normalität waren und sind. Gleichzeitig ist es ein Paradies. Mit einem unglaublich blauen Ozean, weißen Stränden, von denen Tausende hierzulande träumen. Mit steilen Bergen, die Trekkerherzen aufgeregt schlagen lässt; mit einer Musik, die tief in die Seele reicht, live gespielt und mit Tanz umrahmt; mit Vulkanlandschaften, die jeden Geologen verzücken; mit prall gefüllten Märkten, leckerer Küche und immer wieder diesem Lachen und einer inneren Zufriedenheit, die mich zutiefst fasziniert. 

 

Ich wünsche den Menschen hier, das sie ihre Träume erfüllen können. Die Kreativität haben sie ohne jeden Zweifel. Sonst wären sie hier schon lange, lange untergegangen. Es ist ein wundervolles Land, diese zehn so verschiedenen Inseln, jenseits des Senegal im Atlantik. Ein Ort, an den ich gern zurück komme. Ein Ort, an dem ich immer mehr zum Freund werde. 

Fotos

Musik

Es ist ein bunte Mischung - die Musik. Ich erkenne alles wieder. Afrikas Rhythmus und Feuer gehen Hand in Hand mit der hoch emotionalen Stimmung portugiesischer Fado's. Alles an diesen Klängen bringt meinen Körper in Bewegung und lässt mich gleichzeitig in Sehnsucht versinken.  Beides geht zusammen...

Vorschaubild - Youtube
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Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0