Was für ein Fest. Was für eine Überforderung der Sinne. Meiner Sinne zumindest. Mit meiner Liebe für die Stille und Zurückgezogenheit komme ich hier nicht weit. Nicht in einer der fröhlichsten, farbenprächtigsten, lautesten und lebendigsten Kulturen dieser Erde. Eigentlich steckt hier soviel Energie, das es für den ganzen Globus reicht. Und das überfordert mich ziemlich. Nur langsam kann ich mich dem Land nähren. Hier gewesen bin ich noch nicht, nur in die Nähe habe ich mich schon gewagt.
Was mir dabei aufgefallen ist? Eine allgegenwärtige Religion. Das, was für mich eine Stärke war und die mein Leben geprägt hat, zeigt hier auch eine Schattenseite, die weit wirkt. Der Hinduismus mit seinem Kastensystem, der abwertenden Stellung der Frau und einer Demutshaltung in Bezug auf die Existenz in diesem Körper und auf dieser Erde führen zu einem Leben, das alles als Karma und damit als unabänderlich betrachtet. Ich habe das Gefühl, das damit eine Art gesellschaftlicher Stillstand provoziert wird. Doch ich merke auch, dass diese Beobachtung zu kurz greift, denn es wandelt sich sehr wohl etwas in Indien. So ganz bekomme ich das noch nicht zusammen. Dafür muss ich erst einmal im Land selbst unterwegs gewesen sein.
Was sehe ich noch? Ein Multikulti an Kulturen, an verschiedenen Religionen, die sowohl zu einem kreativen Miteinander als auch zu heftigen Kämpfen führen. Von Umarmung bis zu Krieg ist alles vertreten. Für mich ist das Geflecht noch nicht durchschaubar. Was ist mit der Buntheit von Hinduismus, Islam, Buddhismus, Jainismus und Sikh? Ist es existent oder leben Parallelwelten nebeneinander? Was ist mit den Frauen? Ich sehe Menschen, wie Vandana Shiva und gleichzeitig erlebe ich Witwenverbrennungen. Wie passt das zusammen? Auch da habe ich Mühe, in meiner Mitte zu bleiben und nicht zu verurteilen oder mit einer passenden westlich geprägten Meinung daher zu kommen.
Vielleicht ist das überhaupt die wichtigste Aufgabe für mich bei diesem Land und vielleicht bin ich deshalb auch noch nicht hier gewesen. Ich kann erst kommen, wenn ich in der Lage bin, nicht in ein Urteil zu fallen sondern Beobachter mit weit offenem Herzen zu bleiben. Das wird geschehen. Ich weiß nur noch nicht wann.
Fotos: Rosel Eckstein; Martin Büdenbender; Rosel Eckstein; Katharina Wieland Müller (3x);
bernaW; Dieter Schütz (2x); fritz zühlke; Hans-Jürgen Spengemann; Tino Bahr / pixelio.de
Der Film bringt auf tief ergreifende Art das Schicksal indischer Witwen unter unsere Haut. Und er beleuchtet dabei ein ganzes Denk- und Glaubenssystem, dass die Überlegenheit des Mannes über die Frau feiert. Und sich dabei der Hälfte seiner Kraft beraubt. "Water" ist so brisant, dass es kaum möglich war, ihn zu drehen. Und deshalb ist es umso wichtiger, nicht wegzuschauen.
Was geschieht, wenn man der Ungerechtigkeit vor seinen Augen nicht mehr tatenlos zuschauen will? Was geschieht, wenn man Kampf nicht mit Kampf bantwortet? Waffen nicht mit Waffen. Was geschieht, wenn man einfach nur stehenbleibt und ausspricht, was ist? Gewaltloser Widerstand. Mahatma Gandhi steht dafür.
Hier wird sein Weg erzählt und der Weg eines ganzes Landes in die Unabhängigkeit. Der Film prangert den Kolonialismus an und zeigt gleichzeitig, dass es ein langer Weg ist aus den Tiefen von gegenseitigem Haß. "Gandhi" bleibt aktuell, egal, wieviel Zeit vergangen ist. Und er bleibt ein Vorbild, für Jeden, der seinem Weg folgen möchte.