Tag 6 - New Pelion Hut

Mit kleinen Abstechern in die Umgebung

Das dürfte Rekord sein. So früh, wie diese amerikanischen Mädels in meinem Zimmer, ist noch nie jemand aufgebrochen. Sie wuseln und rascheln und kramen und reden. Und dann ist das noch die ältere Frau, die gestern voller Elan und glänzender Augen vom Mt. Ossa zurückgekommen ist. Körperlich am Ende, aber so mit Adrenalin überflutet, das sie keine Signale mehr gehört hat. Ihre Knie stecken in Bandagen, sie humpelt, aber auch sie bricht in der Morgendämmerung auf. Ein Wunder, das es sie so lange im Bett gehalten hat. Die ganze Nacht hat sie ständig ihre Uhr überprüft, obwohl der ihr Wecker zuverlässig auf ca. 6:30 Uhr gestellt war. Hallelujah.

 

Ich beobachte den Aufbruch und drehe mich gemütlich räkelnd im Bett. Es ist richtig schön, alle gehen zu sehen. Es ist schön, so ganz in der Ruhe zu leben, während rundherum der Sturm tobt. Jeder, wirklich jeder ist in irgendeiner Art in Eile. Ihr Wegstück heute ist lang und anspruchsvoll, weil sie den höchsten Berg Tasmaniens besteigen wollen. Ein extra Ausflug von ca. 5 Stunden ab der Wegkreuzung. Bis zu diesem Abstecher ist man allerdings schon 3 Stunden steil durch den Wald über Stock und Stein nach oben geklettert. Und natürlich ist auch danach noch ein Stück Trail zu erwandern - ca. eine  Stunde. Kurz und gut - ein sehr, sehr langer Tag liegt vor diesen eifrigen Menschen. 

 

Meine Herausforderung heute heißt, inmitten ihrer Energie, ganz in meiner Ruhe zu bleiben. Ganz im Frieden und in der herrlichen Langsamkeit. 

 

Ich schlendere nach meinem Frühstück - die Hütte ist mittlerweile fast verwaist - durch das Baum-Sumpfland hinüber zur Old Pelion Hut. Es gibt einige restaurierte alte Hütten am Weg. Diese gehörte einer Kupferminen-Gesellschaft, die hier auf den großen Ertrag hofften. Gott sei Dank - ihre Funde waren dürftig und so blieb das Land unberührt. Ich kann mir lebhaft ausmalen, auf was für einer Wüste ich sonst heute stehen würde. Die Hütte atmet Stille. Aber ich bleibe nur kurz. Viel mehr reizt mich der kleine Fluss hinter ihr im Canyon. Hier soll es ein wunderbares Wasserloch geben. 

 

Ja, das ist es. Anders als in meiner inneren Wunschliste, australisch eben. Mit einer steilen Kletterpartie, haarigem Einstieg und realtiv starker Strömung. Aber nachdem sich meine Überraschung gelegt hat und die Vorsicht etwas abgeflaut ist, tauche ich mit Begeisterung in die Kälte hinunter. Himmel, ist das schön!!!!! Die Sonne kommt auch heraus, genau im richtigen Moment - kurz vor meiner Erstarrungsgrenze. Und so brate ich abwechselnd in der Hitze und versinke im eisigen Tauchbecken. Paradies. So kann es bleiben. Ich brauche heute nichts anderes mehr. 

 

Meine Gedanken reisen zurück in die letzten Wochen und Monate. Das ist der schönste Winter meines Lebens. Kugelrundes Glück poppt wie Seifenblasen in meinem Inneren auf. Es geht mir soooo gut! So unendlich gut. 

 

Am späten Nachmittag breche ich noch einmal auf. Die Hütte hat sich wieder gefüllt, es ist laut, geschäftig und voller übersprudelnder Energie. Derweil sich alle Welt einrichtet, gehe ich wieder auf Entdeckungsreise. Und finde ein neues Tauchbecken. Malerisch eingerahmt von zwei Wasserfällen. Yippih! Noch einmal baden! Nasse Haare in der Nacht? Egal, es ist nicht mehr so kalt, wie am Anfang, das passt schon. 

 

Ich bin ganz in meiner Welt versunken heute. Ganz und gar. Da ist kein einziger winzig kleiner Impuls, mit irgend jemandem zu reden. Es reicht, die Gespräche zu hören, um zu wissen, das ich in einer vollkommen anderen Energie schwinge. Die Menschen scheinen das zu fühlen. Zum erstenmal. Sonst bin ich immer angesprochen worden. Heute nicht. Ich bleibe auch im Schlafraum allein. Alle haben sich in die restlichen vier Räume verteilt. Wunderbar! 

 

Endlich eine stille Nacht mit mir.....!

Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0