Persönliche Eindrücke  (lunad / pixelio.de)

In Griechenland ist für mich das Licht zu Hause. Ein klares, scharf umrandetes Licht, dass alle Konturen wie Scherenschnitte hervorholt. Ein Licht, in dem sich nichts verbergen kann. Hier wird alles sichtbar. Fast schon unerbittlich und gnadenlos. Alles ist pur und es nimmt den ganzen Raum ein. Es gibt keine halben Sachen. Von der Mittagshitze bis zur Lautstärke. Vom Blau des Meeres bis zum orangenen Sonnenuntergang.

 

Am Abend in einer Strandtaverne zu sitzen, dem Rauschen der Brandung zu lauschen, die typische Musik als Untermalung und in der herrlich einfachen Küche zu schwelgen, das ist für mich Griechenland. Es ist so einfach, in diesem Land nur in diesem einen Moment zu verweilen und ihn als Ewigkeit zu akzeptieren. Es ist so einfach in den Armen der überwältigenden Gastfreundschaft zu versinken und sich rundherum willkommen zu fühlen. Die Lebensfreude des Südens lässt jede Mauer in sich zusammenfallen. Sie lässt uns feiern, weil wir unsere Lebendigkeit wiederentdecken. Nacht für Nacht. Bis zum Morgengrauen. Um dann erschöpft an den Strand zu gehen und den Tag zwischen warmen Meer und Glutsonne aufzuteilen. Ein Meer, dass uns wieder zurück in das sanfte Wogen des Mutterleibes bringt. Die Sonne, die alles in uns wegbrennt, dass wir uns selbst in den Weg gestellt haben. Bis nichts mehr bleibt, nur unsere pure Essenz. 

 

Die schönste Jahreszeit ist der Frühling für mich. Dann, wenn die Wiesen von Blumen übersät sind und in jedem Olivenbaum ein Blütenmeer wartet. Dann, wenn die Temperaturen einfach nur angenehm sind und das Meer erfrischend kühl. Dann wandere ich hier und fühle mich wie im Himmel. Von Taverne zu Taverne, Pension zu Pension, Freund zu Freund. 

 

Ich liebe die Menschen. Meistens. Es kann auch zuviel werden, besonders die Lautstärke. Dann wenn wieder einmal ein echtes Donnerwerk von Sprache auf mich niederprasselt und sich die Menschen anzuschreien scheinen. Dann, wenn ich das Gefühl habe, sie würden dieses wunderbare Griechisch vergewaltigen und sich dabei gegenseitig die Schädel einschlagen. Oder, wenn ich nachts im Sommer mal ausnahmsweise schlafen möchte, aber nicht kann, weil sich die Tavernen im Ort mit ihrer Musikdarbietung akustisch zu überbieten versuchen und dabei die halbe Insel beschallen. Für mich sind Griechen Leidenschaft. Und zwar so ganz und gar. Davon singt ihre Musik, davon zeugt ihr ganzes Wesen. 

 

Doch, ich kenne auch leise Töne. Ich kenne auch die Seite jenseits des fröhlichen Tourismusbildes. Ich kenne die Not und die Probleme. Nur, niemals würde ein Fremder davon etwas mitbekommen. Da wird gelächelt und gescherzt. So, wie der bröckelnde Putz von den Häusern hinter Bergen aus Bougainvilla und Blumentöpfen verschwindet, so verschwindet auch diese verletzliche und verletzte Seite der Griechen hinter großen Gesten und Herzlichkeit. Doch, sie ist da. Sie ist groß. 

 

Das Selbstbewußtsein ist seit dem Fall und Verlust Konstantinopels angeknackst. Die Gegenwart hält der Geschichte nicht stand. Eigentlich stünde den Griechen soviel mehr zu als nur dieser vorletzte Platz in Europa und die Negativ-Schlagzeilen um Finanzkrisen. Ich kann mich noch gut an eine junge Frau erinnern, die mich mit Tränen in den Augen und erstickter Stimme fragen, ob wir Griechenland denn ganz von der Landkarte verschwinden lassen wollen, als hätte es nie existiert. Das war auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, in der täglich neue Schlagzeilen gegen Griechenland erschienen. Als wäre es ein einziger Hort an Korruption und alle anderen Länder hätten blütenweiße Westen. Das war in der Zeit, in der wir dieses Land gezwungen haben, alles einzusparen, was einen sozialen Staat sozial macht.

 

Die Menschen sind bisher nur deshalb so halbwegs durch diese Zeit gekommen, weil sie zusammengehalten haben. Sonst wären viele von ihnen buchstäblich verhungert. Ohne Rente, soziale Absicherung und ohne Gesundheitssystem. Sie wurden von einem Klima gerettet, dass das Miteinander zur Basis des Zusammenlebens macht. Doch das galt nur auf dem Land und auf den Inseln. In den Städten sieht es anders aus. Doch da die meisten Griechen einen klaren und starken Familienzusammenhalt haben und die Verbindung in ihre Heimatdörfer intakt ist, gab und gibt es einen Platz zum Fliehen. Zurück in das einfach Leben. Zurück in die Zeit vor den ausufernden Kreditaufnahmen und hemmungslosen Konsums. 

 

Ich wünsche ihnen, dass der Zusammenhalt bleibt und stärker wird. Ich wünsche ihnen, dass sie sich auf die Schätze ihres einfachen Lebens besinnen. Denn darin liegt soviel mehr Schönheit, als in allem Schicki-Micki-Modeflitter. Da treffe ich sie, die Menschen. In ihrer Seele und ihrem Herzen...

Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0