Der Routeburn Track

Es ist einer der bliebtesten Tracks Neuseelands und das hat seine Gründe. Er ist kurz - nur drei Tage und knapp 32 Kilometer dauert die gesamte Wanderung. Er startet oder endet in unmittelbarer Nähe zur Abenteuer-, Backpacker- und Touristenhauptstadt des Landes - Queenstown. Und er führt durch eine absolut fantastische Landschaft. Der Routeburn berührt jede Landschaftsform, die Fjordland und der Aspiring National Park zusammen zu so einem Schatzkästlein machen. Hohe Wasserfälle, mystische Wälder, herrlichste Seen wechseln einander ab und außerdem lässt er den Wanderer dazu noch einen ganzen, langen Tag über der Baumgrenze schweben.

 

Aber die Beliebtheit hat ihren Preis. Trotz Buchungssystem ist der Weg für mein Gefühl überschwemmt mit mit verschiedenen Gruppen von Menschen.

 

Zum Einen gibt es die individuellen Wanderer, so wie mich. Das sind ca. 50 Leute, die sich allabendlich in den gleichen Hütten treffen. Hütten mit harten Holzbänken und Massenschlafräumen. Sie tragen ihr Essen selbst und natürlich auch ihren Schlafsack. Sie wissen meistens, wo sie sich befinden und sie erkunden die Umgebung und die Natur auf eigene Faust.

 

Zum Anderen gibt es geführte Wanderungen mit Guides, die jeden Grashalm erklären, wenn man fragt. Die Leute tragen nur ihre persönlichen Sachen, denn sie erwartet jeden Abend eine extra schicke Hütte. Ausgestattet mit allem, was das müde Wandererherz begehrt. Weiche Sesselpolster, heiße Duschen, leckeres, zubereitetes Essen und evtl. sogar Einzelzimmer. Kostenpunkt einer solchen Tour - ab 2000 NZ$. Das zieht natürlich eine ganz andere Zielgruppe an, als die Leute, die auf eigene Faust unterwegs sind.

 

Es sind Gruppen, die sich nicht wirklich mischen können und die miteinander wenig anzufangen wissen. 

 

Der Routeburn kennt noch eine Spezies Menschen - ich nenne sie mal "Marathonies". Diese Leute rennen innerhalb von einem Tag bzw. wenigen Stunden über die gesamte Strecke. So schnell es halt nur irgendwie geht. Sie sind mit Laufschuhen unterwegs, ihren wohldosierten Hoch-Energie-Riegeln und soviel Wasser, wie in ihre Minirucksackkonstruktionen über den Schultern passt. Sie schauen nur nach vorn, nicht zur Seite. Sehen sie die Landschaft überhaupt? Jenseits des Gerölls am Boden, an denen ihr Blick bei jedem Schritt hängen muss, um nicht zu straucheln? Ich bezweifle es....

 

Und zu guter Letzt trifft man hier oben an beiden Enden noch Tageswanderer, die so weit laufen, wie sie die Beine tragen und dann wieder zu ihrer Bequemlichkeit jenseits der Wildnis zurückkehren. 

 

Kurz gesagt - der Weg ist voll, voll, voll.... Aber eben auch wunderschön. Dann wollen wir mal schauen, wie es mir damit geht.....

Ich bin verwöhnt. Von den hervorragenden Wegen des Milford Tracks, an dem sich meine Beine nur zu lebhaft erinnern und vom strahlenden Sonnenschein. In der letzten Nacht und heute Morgen regnet es, teilweise in Strömen.

 

Aber kaum entlässt mich der Bus aus seiner Wärme, hört das Wasser auf vom Himmel zu fallen. Wie auf Bestellung. Dabei bin ich schon perfekt angezogen für jede mögliche Wetterwendung. Es hätte mir gar nichts ausgemacht. Jetzt schäle ich mich wieder aus den mannigfaltigen Schichten, auch wenn der Himmel noch drohend voller dunkler Wolken hängt. Es geht bergan. Stetig bergan und es ist einfach zu warm mit der Regenjacke. Wenn ich sie anlassen würde, wäre ich am Ende nasser als nach jedem Guss, weil mein Schweiss innen hängenbleibt und mich in ein tropisches Mikroklima-Treibhaus verwandelt.

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Es ist ein Tag des Schwelgens in weiten, weiten Ausblicken. Hoch über dem Hollyford Valley, hoch über der Baumgrenze zieht der Track seine Bahn. Und es ist Traumwetter. 

 

Alle Zeichen in mir stehen auf puren Genuss und auf Langsamkeit. Ich tauche in den letzten Wald vor der Baumgrenze, noch einmal wundervolles Feengespinst, noch einmal alte, verschnörkelte Buchenbäume in ihrer ganzen Energie und Lebendigkeit und dann schweift der Blick über dieses Juwel aus Wasser. Das Juwel, in dem ich gestern noch geschwommen bin. Die Farben des Mackenzie-See's von oben sind ein Gedicht. Türkis, Grün, Blau in allen Schattierungen. Höher und höher hinauf geht es, über Stock, Stein und jede Menge Geröll. Es ist kein einfacher Weg, aber er ist auch nicht übermäßig steil. Es braucht nur volle Konzentration, über all diese Felsvorsprünge zu klettern, ohne irgendwo hängenzubleiben oder anzustoßen.

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Abstieg. Leichter, schöner Abstieg. Ein langsames, bewußtes Ausklingen. Wie eine große Symphonie, die nach dem Höhepunkt leisere Noten anschlägt, um fast unhörbar im großen Lied der Erde zu enden. 

 

Die Nähe zu den Menschen ist fühlbar. Dieser Abschnitt heute ist eine der Rennstrecken. Tageswanderer über Tageswanderer versuchen von Queenstown kommend über diesen Weg in einem Tag zum Harris Saddle und zurück zu kommen. Ständig kreuzen sie meinen Weg und allen ist eines gemeinsam. Irrsinnige Hast. Sie wissen, wie wenig Zeit ihnen bleibt und sie wollen alles in diesen Tag packen, was nur irgendwie möglich ist. Egal, ob ihre Fitness mitmacht oder nicht. Der Körper muss dem eisernen Willen folgen. Wieviele Menschen nehmen hier noch die Schönheit des Waldes wahr? Wieviele bleiben stehen, um die Himbeeren am Wegesrand zu pflücken? Wieviele haben die Muse, sich im eiskalten Flußwasser zu räkeln und das Panorama zu genießen? Niemand. Ich bleibe fast allein auf dem Weg und ganz allein am Fluss bei der Routburn Flats Hut. 

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Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0