Persönliche Eindrücke  (Foto: Fotos: margrit - Ulla Trampert - vagamundos.info / pixelio.de)

Was mich in Afrika immer wieder tief berührt, ist die unglaubliche Energie und Lebensfreude, die die Menschen hier ausstrahlen. Ihre Buntheit, ihr Lachen, ihren unverfälschten Rhythmus, den Willen und den Optimismus. Ich höre die Lieder, ich fühle das Pulsieren der Töne. Es ist, als würde die wilde Savanne mein Herz aufwecken und mit den Löwen jagen. Etwas in mir jubelt und wirbelt herum, wie ein freigewordenes Feuer, wenn ich hierher komme. Ich erlebe Kreativität und Erfindergeist, die mich sprachlos stehen lässt. Es sind Gaben, die die Welt, aus der ich komme, im starren Korsett von Regeln und Grenzen vergessen hat. Im engmaschigen Sicherheitsnetz Europas und Nordamerikas sind diese Fähigkeiten in uns eingeschlafen. Wer immer hierher kommt, fühlt sie wieder. Und wird gleichzeitig tief beschämt.

 

Denn, es ist offensichtlich, das hier aus Dingen, die wir in der westlichen Welt wegwerfen, Schönheit geschaffen wird. Es ist offensichtlich, das Armut, Hunger und eine Spirale der Auswegslosigkeit herrschen. Es ist auch sehr klar, das alle anderen Völker daran einen enormen Anteil haben. Jahrtausende lang war und ist Afrika sowohl für die arabische, die amerikanische, die asiatische und europäische Welt ein Selbstbedienungsladen. Wir alle haben genommen, was wir kriegen konnten, ohne je zu fragen. Wir nahmen Menschen, Bodenschätze und jede Art von Ressource, die sich in irgendeiner Form zu Geld umwandeln lässt. Wir sind über den Kontinent gefegt, wie ein gieriger Staubsauger. Wir tun es weiterhin. Wir haben die Afrikaner niemals als gleichwertig betrachtet. Im Gegenteil. Wir säten in ihnen den Glauben an ihre eigene Unterlegenheit. Wir suggerierten ihnen schlechter zu sein, als alle anderen Völker. Und sie ließen es mit sich geschehen. 

 

Ich habe diese Art von Schicksalsergebenheit immer wieder dort erlebt. Ich habe Erklärungen gehört, nachdem jeder die Position erhält, die er verdient. Weil Gott es so geschaffen hat. Dieser Glauben zementiert das Ungleichgewicht. Es lässt keine Änderung zu. Doch Änderung braucht es. Alle müssen sich bewegen, damit die Afrikaner den Platz im Kreis der Menschheit einnehmen, der ihnen gehört. Im Bewußtsein ihrer eigenen Kraft und Schönheit. Im Bewußtsein ihres Erbes und ihrer Ahnen. Im Bewußtsein ihrer Erfahrungen und ihrer Fähigkeiten. 

Afrika hat seinen eigenen Weg. Nicht den einer billigen Kopie Europas, Amerikas oder Chinas. Afrika hat seinen eigenen Glauben, seine eigene Spiritualität, seine eigenen Götter und seine eigenen Geschichten. Es braucht kein Christentum, das sie zu hilfsbedürftigen Kindern degradiert. Afrika hat seine eigene Kraft. Eine Kraft, die Wege findet, die vor Energie und Einzigartigkeit nur so sprühen. Afrika hat wunderschöne Menschen. Menschen, die stolz und aufrecht stehen sollten und sich nicht ducken und verstecken. Afrika hat seine eigenen Werte, seinen eigenen Rhythmus und seine eigenen Gesetze. Es braucht nicht den sinnlosen Wettlauf mit den weißen Nationen weiterzuführen. Afrika kann sich selbst helfen. Es hat die Ideen, es hat den Mut und es hat die Fähigkeiten. Doch solange die Afrikaner, sich als Bettler zu begreifen, kann nichts davon aufblühen. Dann bleiben sie in einer Abhängigkeit, richten sich darin ein und warten auf Hilfe von außen. 

 

Und wir, wir bleiben in der Position des "reichen Weißen", der Geld gibt und alles richtet, weil uns das schlechte Gewissen drückt. Wir bleiben in der Position von Ausbeutern, weil niemand auf der anderen Seite Stop sagt und wir uns selbst auch nicht Einhalt gebieten.

Afrika muss die Verantwortung für das eigene Schicksal in die Hände nehmen. Und damit auch die Verantwortung dafür, Fehler zu machen, zu straucheln und wieder aufzustehen. Aus eigener Kraft. Nicht am Tropf eines Anderen. Die afrikanischen Völker müssen den Kampf um die Abfälle von den Tischen der reicheren Nationen beenden. Die Völker, die sich bisher in Afrika bedient haben, müssen damit aufhören. Sofort. Und sie müssen die Überzeugung, Afrikaner könnten nicht ohne die Hilfe des Westens überleben, "ad acta" legen. Denn sie ist falsch. Sie ist nur ein Mittel, um die Macht zu behalten und uns als mildtätig zu fühlen. Doch es ist eine Hilfe, die abhängig macht. Es ist eine Hilfe, die erstickt und klein hält. Es ist eine Hilfe, die die Überlegenheit des Westens garantiert. Das ist keine Hilfe, das ist ein Ego-Trip. Und der muss aufhören, weil er niemandem dient. Weder den Afrikanern noch uns selbst.

 

Warum sollten wir das tun? Weil es in unser aller bestem Interesse ist. Machen wir es nicht, dann werden wir in sehr, sehr kurzer Zeit von einer Forderungs- und Flüchtlingswelle aus Afrika niedergewalzt. Niemand kann Mauern bauen, die hoch genug sind, Menschen zurückhalten, die nichts mehr zu verlieren haben, weil zu Haus nur die Wüste wartet. Niemand kann einen kompletten Kontinent ernähren. Wir brauchen ein Afrika, das selbstbewußt seinen eigenen Weg geht. Unabhängig und frei. Wir brauchen ein Afrika, in dem man leben kann. Ohne vor Hitze zu verbrennen und ohne vor Durst umzukommen. 

 

Wir müssen unseren Teil dazu tun und Afrika muss seinen Teil dazu tun. Niemand kann die Arbeit für den Anderen machen. Niemand kann mit dem Finger auf den anderen Zeigen. Alle Seiten haben das geschaffen, was wir jetzt als afrikanische Realität erleben. Wenn sie uns nicht gefällt ist es an uns allen, es zu verändern. 


Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0