Kloster Schulpforta  (Foto: campomalo / pixelio.de)

Vier Jahre lang war dieses alte Zisterzienserkloster mein "Zu Hause". Hier bin ich zur Schule gegangen. Habe an der Kastanie, im Kreuzgang gesessen oder der uralten Platane im Park gelauscht. Schulpforta war für mich eine Insel, ein Schutzhafen vor der Welt dort draußen. Ich habe diesen Ort geliebt; ich liebe ihn bis heute. 

 

Die Kirche war zu meiner Schulzeit gesperrt, so wie fast alles, was mit christlicher Vergangenheit zu tun hatte. Das passte nicht zur DDR-Schule. Aber es ist ein schwieriges Unterfangen, in einem Kloster, die Kirche auschließen zu wollen. 

 

Für mich war diese Kirche  immer ein Anziehungspunkt. Und als im letzten Jahr meiner Schulzeit auch die deutsche Mauer fiel, erschienen eines Tages Gerüste an ihren Außenmauern, am Chor. Offiziell war der Zugang noch immer verboten, aber die Gerüste haben mir den Weg nach Innen geebnet. Und ich bin geklettert, über wacklige Bretter, hinein auf den schmalen Sims des Altarraumes. Und war sprachlos. Immer wieder. Was ich da spüren konnte, wußte ich nicht. Es war nur irgendwie groß und still, feierlich und friedlich.

 

Jetzt stehe ich wieder in diesem Kirchraum. Diesmal bin ich durch den richtigen Eingang, das breite Seitenportal vom Kreuzgang her gekommen.

Und lasse diese schmucklose, schlichte Kirche auf mich wirken. Mache mich leer, mit jedem Atemzug. Die Gedanken verschwinden. Ich bin einfach da. Allein.

 

Meine Schritte beginnen von allein, ohne willen, mitten durch das Zentrum des Raumes. Und ein Satz erscheint in meinem Kopf. Wiederholt sich, wird stärker, klarer, kraftvoller. Jeder Schritt ist ein Hall, eine Bekräftigung.

 

"Liebe ist stärker als alle Angst."

 

Die Tränen laufen. "Liebe ist stärker als alle Angst." Irgendwann ist der Satz so laut in mir, dass ich ihn ausspreche. Er hallt an den Wänden zurück. Ich habe das Gefühl, dass jeder Stein die Botschaft aufnimmt. Keine Angst kann die Liebe jemals stoppen. Das ist die Botschaft für mich. Sie wandert durch die alten Kirchensteine hinein und hinaus aus meinen Zellen und überflutet jedes Denken, jedes Fühlen, mein ganzes Sein. "Liebe ist stärker als alle Angst."

 

Ich schreibe den Satz in das Kirchenbuch, ich schreibe ihn an die Tafel, die voller Zettel hängen mit Segenswünschen.

 

Und ich spüre, nichts kann die Liebe verhindern. Keine Mauer, keine Grenze, keine Macht der Welt. Sie ist wie ein Fluss, wie eine Flut, wie die Tropfen Wasser, die in jedes durstige Erdreich wandern. In jeden Winkel, in jedes Herz. 

Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0