Musée d'Orsay - Paris

Es ist früher Morgen. Ich laufe durch die Frische an der Seine entlang und treffe vor dem Museumseingang doch schon eine bunte und vor allem große Menge kamerabehängter Touristen, die alle das gleiche wollen, wie ich. Hinein. Eigentlich bin ich auf einen ganzen Tag voller Entdeckungen eingerichtet, aber am Ende sind es nur drei Werke in diesem großen Komplex, die mich berühren. Alles Andere nehme ich nur im Vorbeigehen wahr. Nichts davon spricht zu mir. Aber diese drei haben es in sich. Sie stammen von van Gogh und Rodin.

 

Vincent van Gogh ist schon lange einer meiner Lieblingsmaler. Spätestens seit ich im Rijksmuseum von Amsterdam seine Bilder betrachtet habe, fühle ich eine Art von Verstehen und Wesensverwandschaft. Jetzt verstärkt sich das. Seine "Kirche von Auvers" und die "Sternennacht über der Rhône" bringen eine Saite in mir zum Klingen. Ich habe das Gefühl, das er mit diesen Bildern tatsächlich die Seele der Orte auf die Leinwand zaubert. Das sind nicht einfach nur Motive. Hier spricht viel mehr zu mir. Die Sehnsucht nach der Stille des Sternenhimmels, die Kraft eines heiligen Ortes, der Klang der Nacht und die Zerissenheit der Religion. Alles ist gleichzeitig fühlbar. Und wieder fühle ich den Menschen hinter den Bildern so klar, wie mich selbst. Wie Bruder und Schwester. Er ist mir nah. So nah. 

 

Auguste Rodin's "Höllentor" allerdings schafft genau das gegenteilige Gefühl. Ursprünglich hat mich seine Arbeit verzaubert. Ich habe ihn in Australien entdeckt, auf einer Wanderaustellung in Canberra. Niemals vorher habe ich Skulputen gesehen, die die Schönheit der Menschen so wiedergeben konnten. Doch jetzt stehe ich vor dieser Kopie der Hölle und erblicke einen Schrei der Verzweiflung. Wie ist es möglich, dass ein Mensch, der die Schönheit sehen kann, sich auch so in ihrem kompletten Gegesatz verliert? Das hier ist nicht einfach nur eine Darstellung. Ich kann förmlich die Dämonen fühlen, die ihn getrieben haben müssen, um diesen Schmerz in all seiner Detailtreue, in jeder Kleinigkeit darzustellen. Es ist Vollkommenheit des Wahnsinns. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl einem komplett zweigeteiltem Menschen gegenüberzustehen und ich verstehe gar nichts mehr. Da ist nur Verwirrung in meinem Herzen, weil ich diese beiden Seiten einfach nicht zusammenbekomme. Vielleicht finde ich Antworten in seinen Originalen, die im Musée Rodin ausgestellt sind...

Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0