Persönliche Eindrücke

Französische Küche, englische Reserviertheit und Geschäftstüchigkeit. Französische Lebensart und englisches Marks and Spencer. Englische Architektur und Sprache, aber französische Wörter. Es ist ziemlich verwirrend, französische Ortsnamen englisch auszusprechen. Alles in mir sträubt sich gegen die "Vergewaltigung" der Silben. War ich schon zu oft und lange in Frankreich? Bin ich infiziert von ihrer Liebe zur eigenen Ausdrucksweise? Ich habe bis heute nicht immer verstanden, wann denn nun was, wie ausgesprochen wird.

 

Aber die Bewohner dieser wenigen Inseln vor Frankreichs Küste sind das gewohnt. Hier leben mehr als genug "Ausländer". Wobei die Frage bleibt, was ein Ausländer eigentlich ist. Denn irgendwie gehören die Kanalinseln ja doch nirgendwo so richtig hin. Oder anders gesagt, sie verstehen es, sich die besten Stücke aus allen Kuchen herauszuschneiden. Offiziell sind Jersey, Guernsey, Sark, Herm, Jethou, Brequou und Alderney Eigentum der britischen Krone. Die Queen ist ihr Herzog. Ein altes Relikt aus normannischen Zeiten. Aber sie sind nicht britisch. Darauf bestehen sie. Französisch natürlich auch nicht. Auch wenn die Küste der Normandie gerade mal 19 Kilometer entfernt ist und man sie an klaren Tagen prima sehen kann. Nein, sie sind - anders. Eigenständig. Außenpolitisch vertritt sie Großbritannien, aber alles andere entscheiden sie selbst. Und auch zur EU gehören sie nur, wenn es ihnen passt. 

 

Sie haben es geschafft, Steueroase zu sein und trotzdem nicht aus dem Staatenverbund der Europäischen Union zu fliegen. Weil sie ja nicht so richtig dazugehören. Aber profitieren tun sie trotzdem prächtig von dem Schwebezustand. Genau - Steueroase. Das Geld, das hier umgeschlagen wird, schlägt die einzelnen europäischen Staatshaushalte um Längen. Die Kanalinseln sind als Firmensitz so begehrt das allein auf Sark's ca. 600 Einwohner rund 10.000 Firmeneintragungen kommen. Die Zahlen sind schon ein paar Jahre alt, wohlgemerkt. Nach Außen bemerkt man nur wenig von den Geschäften, die hinter ganz normalen Fassaden ablaufen. Alles ist in englisches Understatement eingepackt. Aber der Wohlstand lässt sich nicht so ganz verbergen. Man sollte nur nie vergessen, das er auf Kosten aller anderen Länder Europas entsteht. Und das gibt einen ziemlich bitteren Beigeschmack. 

 

Trotz der deutlichen Überbevölkerung und viel zu vieler Autos auf den super engen Straßen, ist jeder der Inseln etwas ganz Besonders geblieben. Ein echtes Kleinod. Und ich bin gern hier. Richtig, richtig gern. Es ist ein bisschen wie ein relaxtes, lebensfrohes England "en miniature". Mit guter Küche und tropisch, warmem Wetter. Hier wachsen Pflanzen, die man sonst nur im Mittelmeer findet. Und selbst neuseeländische Baumfarne und südafrikanische Kakteen fühlen sich auf dem Boden ausgesprochen wohl. Die üppigen Gärten und blumenübersäten Steilküsten sind eine Klasse für sich. Nur Cornwall hat etwas Ähnliches zu bieten. Nur - hier ist es noch ein Stück wärmer. Und hier schmeckt das Frühstück besser! 

 

Hier finde ich auch immer wieder Kraftplätze, die mich reich beschenken. Hier finde ich Spuren meiner eigenen Geschichte aus grauen Vorzeiten und jüngster Vergangenheit. Und hier sind auch drei meiner aller-, allerschönsten Badebuchten. Mit Wellen, die mich immer wieder mitten in meine Kindheit stupsen. Grandios!

 

Ich liebe die steilen Küsten, die gewundenen Pfade und die uralten Bäume. Und ich werde mich wohl nie an der lila Intensität der Heide im Herbst sattsehen oder an der Farbe des Wassers. So türkis kenne ich es sonst nur aus der Südsee oder von den Malediven. Die Steinkreise sind mit meiner Seele fest verwoben. Nur an wenigen Orten waren die Botschaften intensiver als hier. Die Kanalinseln sind ein Schatz in meinem Herzen.

 

Und sie werden es bleiben, unabhängig vom Treiben der Bewohner und vom Wahnsinn der Gier. Denn das, was mich hier wirklich anzieht ist wesentlich älter, als alles, was jetzt dort geschieht. Und es wird niemals verschwinden.

Heilarbeit für Menschen, Orte und die Erde 0