Eigentlich ist alles unverständlich. Die Sprache, das Denken, das Miteinander. Noch war ich nie im wirklichen China und ich habe mich nur marginal der Kultur genährt. Doch was herüberschwabbt sind meist angstmachende Szenarien. Diktatur. Kulturrevolution. Gruppenzwang. Sozialismus, der jetzt zum gnadenlosen Kapitalismus wurde und doch weiterhin eng bleibt wie ein luftabschnürendes Korsett.
China regiert im Geheimen die Welt. Auf jedem Kontinent besitzt China das "Tafelsilber". In Afrika das Land, in Amerika das Geld. Still und leise, gekonnt und auch mal agressiv bringen sie ihre Schäflein ins Trockene. Fast unbemerkt. Aber ungemein vorausschauend. Hier weiß man, was in Zukunft wichtig sein wird. Hier setzt man auf Technologien und setzt sie in Windeseile um. Technologien, die wir nur in vielen Jahren mal zur ersten, vagen Produktreife bringen.
Chinas Tempo ist beängstigend. Sein Expansionsdrang auch. Es ist auch so schnell, das das langfristige und großräumig Denken dabei nicht mitkommen kann. Umweltfragen wurden immer weit nach hinten gestellt. Jetzt wird nachgeholt, aber der Größenwahn ist geblieben - siehe Drei-Schluchten-Staudamm.
Alles hier muss riesig sein, ohne das die Menschen eine Chance haben, wirklich luftholend hinterherzukommen. Das Land hetzt für mich ins Morgen, aber wohin geht diese Reise wirklich? Und ist der Rest der Welt dabei vielleicht nur ein Zaungast, der einer Flut zuschauen darf und Ressourcen bereitstellt?
Die oberflächlichen Eindrücke von China sind so extrem, dass ich es bisher kaum schaffe, hinter diese Fassade zu schauen und die Schönheit zu sehen. Ich weiß, sie ist da. Nicht nur in der Vielfalt der Völker sondern auch in den unglaublichen Naturlandschaften und einer der reichsten, längsten Kulturen dieser Erde. Eigentlich müsste ich mit meinem Herzen auch dieses Land umarmen. Noch schaffe ich das nicht.
Fotos: Peter Bast; Rainer Köthe; cornerstone (2x); M. Hermsdorf; Ueli Gubier; Dieter Schütz (2x);
Matthias Brinker; Klaus-Uwe Gerhardt (2x); Jerzy Sawzuk / pixelio.de
von Jiang Rong
ISBN: 978-3-442-31108-8
Dieser Roman berührt zutiefst. Er zeigt am Beispiel der inneren Mongolei die feine Abstimmung eines Ökosystems und seinen kompletten Zusammenbruch durch Menschen, die diese Zusammenhänge nicht sehen oder verstehen wollen. Es zeigt auch, dass nicht der Mensch an sich das Problem ist, sondern seine Angst, nicht genug zu bekommen. Eine Angst, die uns immer wieder begegnet.
Dieses Buch ist voller Poesie, eine Hymne an eine Welt, in der alles miteinander verbunden ist, in der alles miteinander diesen großen, wunderbaren Teppich webt, den wir Natur und Leben nennen. Jeder Teil dieser Welt ist essentiell und wichtig. Auch wenn wir es auf den ersten Blick als Feind betrachten wollen. Jeder Eingriff hat eine Wirkung. Jeder. Egal, wie gut er gemeint sein mag. Ohne Zusammenhänge verstehen zu wollen, bleiben wir Trampeltiere in einem feinen Seidengespinst.
Das Buch ist auch eine Hymne an die Freiheit. Eine Hymne auf die Kraft der Ungezähmtheit & die Wildheit. eine Hymne an den Wolf, der in jedem von uns schläft.
Jiang Rong hat dieses Buch unter einem Pseudonym veröffentlicht. Einmal um nicht von der Geschichte abzulenken und zum Anderen, um die chinesische Führung nicht zu schnell zu einem Bann auf das Buch zu bewegen. Der Autor ist in China bekannt und "unbequem". Das Buch ist mittlerweile in China zu einem absoluten Bestseller geworden. Und das absolut zu Recht. Es ist jedes Wort der fast 700 Seiten wert. Und es hat mich zu Tränen gerührt. Immer, immer wieder.
Danke für dieses wundervolle Geschenk!
Der Film hat mich vollkommen durchgeschüttelt. Der Trailer reicht, um mich in Tränen ausbrechen zu lassen. Weil ich die Seelen dieser Kinder fühle. Weil ich das Verbiegen und Verdrehen ihrer Herzen spüren kann. Weil es mich daran erinnert, das ich auch einmal versucht habe, ein gut geöltes Teilchen eines Systems zu werden, das mir erzählte, ich wäre nichts, bis ich nicht seinen Werten entspreche. Jetzt verstehe ich auch, warum ich um China im Moment noch einen gut getarnten Bogen mache. Diese Philosphie des menschlichen Miteinanders ist für mich so eine Vergewaltigung, das ich kaum ertragen, es an mich heranzulassen. Und diese Philosophie gibt es nicht nur in einer Kung Fu Schule. Sie ist Ausdruck einer ganzen Kultur. Sie ist die Grundlage für das gesamte Leben in diesem Land. Und sie reicht in jeden Winkel.